Tut doch etwas

Ein unversendeter Leserbrief

Als vor mehreren Jahren der Benzin- und Diesel-Preis extrem in die Höhe schnellte (teilweise über die 2 Euro-Marke) wurde (populitisch) von einigen Politikern die Forderung laut, als "Soforthilfe" für die "armen" Autofahrer solle die Oko-Steuer auf Benzin und Diesel anstelle wie geplant erhöht, gestrichen werden. Auch der ADAC griff (wenn auch deutlich fundierter) diese Forderung mit einem Beitrag unter dem Titel Tut doch etwas in der ADAC-Motorwelt auf. Unter dem ersten Eindruck dieses Artikels formulierte ich einen Leserbrief, den ich aber auf Grund der Länge und der Angst, daß er möglicherweise sinnverzerrend gekürzt, veröffentlicht werden könnte, leider nicht absendete:

Tut doch endlich etwas – Eine Forderung an unsere Politiker, die sehr wohl berechtigt ist.

Allerdings darüber, was die Politiker tun sollen, bin ich anderer Meinung. Wir alle wissen, daß Benzin und Diesel keine unbegrenzten Energieträger sind, daher sollte Sprit-Sparen die oberste Priorität haben.

Jedoch, was hat sich in den letzten Jahren getan: Da es keine Anreize gab (schließlich braucht der Staat ja seine Steuern) – weniger als nichts.

Automatikgetriebe mit intelligenten Spritsparprogrammen – vor 10 Jahren als Voraussetzung zum 5l-Auto benannt – fressen immer noch 0,5-1,5 l mehr Sprit als normale Schaltgetriebe. Mittelklasse-Wagen ohne Klimaanlage (fressen - wenn auch inzwischen weniger - alleine durch ihre Existenz, ihr Gewicht und nicht nur im Betrieb) sind die Ausnahme und bequeme 2-Sitzer mit sicherem großzügigem Kofferraum gibt es schon gar nicht. Auch die Motorisierung ist mit >100PS und Geschwindigkeiten von >200km/h deutlich überdimensioniert.

Aber auch die Einstellung zur Mobilität sollte überdacht werden: Ist eine 50 km Entfernung von Wohnung zum Arbeitsplatz wirklich zumutbar? Bisher war das wenigstens die Meinung von Arbeitsämtern und sonstigen Behörden, da ja dies durch die Fahrtkostenpauschale abgegolten würde. (Daß eine tägliche Fahrzeitreduktion von 1 Stunde einer 10% Lohnerhöhung entspricht hat sich leider weder bei Arbeitnehmern noch Arbeitgebern herumgesprochen, von der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Betroffenen mal gar nicht gesprochen.) Glücklicherweise erkennen inzwischen wenigstens einige Kommunen, daß eine Versorgung mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs auch ohne Auto möglich sein sollte.

Schließlich ein Wort zum Spritpreis. Als damals die Grünen einen Spritpreis von 5 DM (oder 2,50€) gefordert hatten, war gleichzeitig ein dichtes, fast kostenloses öffentliches Nahverkehrsnetz gefordert worden. Leider sind wir auch hier von diesem Wunschziel weiter entfernt als vorher.

Linien werden nach dem Prinzip der Verlustminimierung einfach gestrichen, anstatt sie nach dem Prinzip der Gewinn-Maximierung in Fahrzeugausstattung, Linienführung und Fahrplan an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Der Service wurde schlechter und die Fahrpreise teurer. Aber auch private Initiativen, wie Mitfahrgelegenheiten, wurden dank inzwischen wieder abgebauten Parkplätzen und einer extremen Flexibilisierung der Arbeitszeit, immer problematischer.

Meine Forderung an die Politiker: Bedenkt die Situation, wenn Benzin und Diesel wirklich nicht mehr bezahlbar sind und bereitet Infrastruktur und Gesellschaft so darauf vor, daß wir nicht daran zugrunde gehen. Und für die Zwischenzeit: Schafft Rahmenbedingungen zum Sparen, wo immer es sinnvoll möglich ist.

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