Der Lobpreis der Bitte

Gedanken zu Jes. 7.10ff Teil2

Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die heutige Lesung, so ist der Zorn des Propheten voll verständlich. Denn das Volk im Königreich Juda wird von den Königreichen Israel und Aram angegriffen und soll so in eine Allianz gegen die Assyrer gezwungen werden. Zahllose Bitten und Gebete dürften von der Bevölkerung Jerusalems an Gott gerichtet worden sein. Unter diesen Umständen muß selbst der größte Zweifler an der Allwissenheit Gottes davon ausgehen, daß Gott weiß, was seinem Volk fehlt.

Wenn Gott also unter solchen Umständen seinen Propheten zum König Ahas schickt, damit dieser um Hilfe bzw. ein Zeichen, daß Gott sein Volk nicht verlassen habe, bitten kann und dieser so antwortet: „Nein, nein, ich will meinen Gott um nichts bitten“ so ist dies kein Zeichen von Demut sondern eher ein Zeichen der Geringschätzung Gottes der Art: „unsere Gegner sind übermächtig und wir gebrochen, wie soll Gott uns da schon helfen können“ und der persönlichen Angst. Vermutlich hatte sich der König mit einer möglichen assyrischen Fremdherrschaft arrangiert und mußte bei einem Alleingang oder einem mißglücktem Aufstand der Israeliten mit dem Verlust seiner Privilegien rechnen.

Eine solch heuchlerische Antwort gegenüber einem Firmenchef würde vermutlich zu harten Konsequenzen führen und entsprechend ist auch die Reaktion des Propheten – doch Gott sieht die Sache anders und gewährt ein unmögliches Zeichen. Nicht nur die läppiche Befreiung von den Assyrern sondern die Friedensherrschaft durch den Sohn einer Jungfrau wird versprochen.

Doch wie sieht es nun bei uns aus: Viele unsere Bitten sind hohl und leer weil sie, obwohl sinnvoll, nur gedankenlos heruntergeleiert werden. Ernsthaft um das tägliche Brot kann eigentlich nur derjenige bitten, der sich bewußt darüber ist, daß das tägliche Brot bzw. die Möglichkeit sich dieses durch die eigene Arbeit selbst zu verdienen, halt keine Selbstverständlichkeit ist.

Andere Bitten sind sinnlos weil sie Dinge beinhalten, die wir mit etwas Mühe selbst erreichen könnten – zumal hierbei meist nicht um Kraft, Hilfe, Fähigkeiten oder den Segen dazu gebetet wird, sondern um die prompte Erfüllung des Wunsches selbst. Ein guter Vater kann solche Bitten nur selten gewähren, sollen wir doch wachsen und zur Vollendung gelangen. Selbst bei großen Unglücken oder Todesgefahr wird Gott selten direkt eingreifen sondern eher einigen Menschen die Fähigkeit geben zu warnen, zu helfen und so die endgültige Katastrophe zu verhindern.

Das Sprichwort „Hilf dir selbst – dann hilft dir Gott“ ist somit nicht die Aufforderung Gott und das Gebet aus dem täglichen Leben zu streichen. Es ist vielmehr die Aufforderung bei großen Herausforderungen nicht auf ein Wunder zu warten, sondern auf Gottes Hilfe vertrauend anzupacken. Zurückblickend wird man dann häufig erkennen, daß mehr erreicht wurde, als man sich in seinen kühnsten Träumen erhofft hatte.

Worum soll man also bitten: Zum einen würde ich sagen, um Hilfe und Segen, bei unserem Tun, damit unser Handlungen hilfreich für uns und unsere Nächsten wird. Zum anderen um Hilfe für jene, die sich selbst nicht helfen können und denen wir gerne helfen würden aber es nicht können. Die Bitte um Schutz vor Unglück, Krankheit und unerwartete Gefahren ist ebenfalls eine legitime Bitte. Und schließlich die Bitte um Verzeihung, wenn wir die falsche Entscheidung getroffen haben, sei es weil wir falsche Ziele angestrebt haben, eine unerlaubte Abkürzung gewählt haben oder einfach nur in kurzsichtigem Denken und in Überschätzung unserer Möglichkeiten Dinge angefangen haben, die letztendlich zu Kummer und Leid geführt haben. Und hier zeigt sich Gottes Größe und Allmacht am stärksten. Gott ist so unendlich groß, daß er uns immer wieder verzeihen kann.

Home Prev-Text Prev Home Next-Text