Der Lobpreis der Bitte

Gedanken zu Jes. 7.10ff Teil1

Das Gebet eines Christen soll Gott loben, Gott danken und – Gott bitten. Auch wenn normalerweise das Gebet der meisten Menschen automatisch mit Bitten nur so gespickt ist und eher das Lob und der Dank zu kurz kommen, so ist doch die Vorstellung, daß der Christ Gott nicht nur bitten darf, sondern Gott sogar bitten soll, für viele unvorstellbar. Aber die richtige Bitte enthält viel mehr als es auf den ersten Blick scheinen mag. Hierzu ein Beispiel aus dem täglichen Leben:

Stellen Sie sich einmal vor, nachdem Sie eine schwierige Aufgabe gut gemeistert hätten, würde ihr Firmenchef Sie fragen, ob er Ihnen einen Gefallen tun könnte. Was nun? Eine gefährliche Situation... Bitten Sie ihn um nichts oder nur um eine Kleinigkeit (welche Sie sich möglicherweise mit geringem Aufwand selbst ermöglichen können), dann ist Ihr Chef vermutlich frustriert. Schließlich hat er Sie ja selbst gefragt und damit seinen Willen, ihnen zu helfen gezeigt. Verlangen Sie hingegen etwas Unmögliches, dann muß ihr Chef ihre Bitte wohlmöglich ablehnen und verliert dadurch sein Gesicht.

In solch einer Situation verlieren die meisten Menschen ihre Nerven und wählen einfach mehr Gehalt oder eine Sondergratifikation. Die Situation entspannt sich und der Chef wird der Bitte mehr oder weniger großzügig nachkommen. Und doch – zurück bleibt auf beiden Seiten eine gewisse Enttäuschung. Von Ihrer Seite weil sie sich fragen, ob nicht mehr drin gewesen wäre, so daß sich ihr größter Wunsch erfüllen würde und bei Ihrem Chef weil er von Ihnen im Stillen mehr erwartet hatte.

Möglicherweise kennt sogar Ihr Chef einen Ihrer Wünsche und wartet nur darauf, daß Sie Ihn bitten. Auf jeden Fall hatte er mehr Phantasie erwartet, sonst hätte er sich nicht die Zeit genommen Sie persönlich zu fragen.

Was wären denn Bitten, die in einer solchen Situation sinnvoller gewesen wären? Nun zum einen, eine weitere schwierige Aufgaben bzw. die Versetzung in einen anderen Bereich, so daß Sie zeigen können, was zu leisten sie in der Lage sind. Oder eine bessere Ausstattung für Ihren Arbeitsplatz (bzw. den Ihrer Mitarbeiter). Vielleicht haben Sie auch ein neues Konzept beispielsweise für eine verbesserte Organisation um Reibungsverluste zwischen zwei Bereichen zu Vermeiden und benötigen die Zeit Ihres Chefs, damit Sie es Ihm vorstellen können.

Natürlich können es auch persönliche Wünsche wie die Hilfe bei der Beschaffung eines Bauplatzes in Firmennähe oder die wohlwollende Berücksichtigung einer Bewerbung eines Bekannten, von dem Sie wissen, daß er eine Bereicherung für die Firma wäre, oder ein längerer Urlaub (Urlaubsvorschuß vom nächsten Jahr) für eine größere Reise (um die Welt kennen zu lernen) sein.

Was das Wichtige an solchen Bitten ist? Sie zeigen an:

  1. Daß man ein Interesse an der gemeinsamen Sache hat und seine Fähigkeiten in den Dienst diese Sache stellen möchte.
  2. Daß man sich Grenzen seiner augenblicklichen Möglichkeiten bewußt ist, sich aber weiterentwickeln möchte.
  3. Daß man das feste Vertrauen darauf hat, daß einem der Chef nicht nur wohlwollend weiterhelfen möchte, sondern dies auch kann.

Wenn diese 3 Dinge zusammen kommen, wird jeder vernünftige Chef versuchen alle Hebel in Bewegung zu setzen, um diesem Vertrauen gerecht zu werden.

Zurück zum christlichen Gebet. Wir wissen, daß Gott allmächtig ist und uns als seine Geschöpfe wie ein Vater liebt. Wenn wir Gott um etwas bitten, dann sollte es nicht etwas sein, was wir durch eigene Kraft selbst erreichen können, sondern das, wozu unsere eigene Kraft nicht ausreicht. Gott als unser aller guter Vater will uns nicht am Gängelband führen, sondern will, daß wir uns weiter entwickeln, daß wir verantwortungsvoll für uns, unsere Mitmenschen und unsere Umwelt sorgen.

Wenn wir aber in diesem Tun an unsere Grenzen stoßen, wenn Situationen auftreten, die der Einzelne oder gar die Gemeinschaft nicht mehr meistern können, dann ist es geradezu unsere Pflicht Gott um seine Hilfe zu bitten, im festen Vertrauen darauf, daß Gott uns helfen kann und auch wird. Die Hilfe mag zwar anders aussehen, als wir es uns in unserem Gebet vielleicht vorstellen mögen, aber sie wird kommen – das ist unsere christliche Überzeugung. Schließlich heißt es „sorget euch – aber sorget euch nicht ängstlich“

In diesem Sinne wird die Bitte zum Lobpreis, welche die Machtfülle Gottes preist. Denn so wie der Angestellte seinen Chef nur um das Machbare bittet, so bittet das ernstgemeinte Gebet nur um die Dinge, von denen man glaubt, daß Gott sie einem bzw. der Gemeinschaft schenken könnte und auch würde.

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