Die Erbsünde - Eine These

Gedanken zu Genesis Kap 3 - Teil 2

Vielleicht wird meine These verständlicher, wenn ich auf 3 Extremformen dessen eingehe, was meiner Meinung nach die Erbsünde darstellt.

Da wäre als erstes das „Vorurteil“: In seinem Drang so schnell wie möglich über eine Person oder eine Situation zu richten und festzustellen ob diese gut oder böse, nützlich oder schädlich ist, nimmt sich der Mensch gar nicht die Zeit, alle Fakten zusammenzustellen und zu bewerten, sondern geht nach dem ersten Anschein. Aufrichtige Menschen und solche die sich ihrer Schwäche bewußt sind, versuchen mit Eintreffen neuer Fakten ihr Vorurteil umgehend zu revidieren, doch die meisten Menschen bleiben in ihren Vorurteilen so lange es nur irgendwie geht verhaftet. Und selbst dann suchen sie die Schuld nicht etwa bei sich, sondern bei dem anderen. („Woher soll Ich ahnen, daß dieser ein großzügiger oder guter Mensch ist, wenn er sich so verstellt, in dem er ärmliche Kleidung trägt oder die falsche Hautfarbe hat?“)

Als zweites kommt die „Kritik-Sucht“: Neben dem Drang permanent über jede Situation und jede Person zu richten ist man bestrebt, daß dieses Urteil auch bekannt wird und die eigene „Qualität“ als Richter anerkannt wird. Egal ob im Freundeskreis, im Fan-Club oder als „Stammtisch-Politiker“ Hauptsache ist, daß meine Meinung, mein Urteil (scheinbar) gefragt ist. Uns so wird kritisiert, kritisiert, kritisiert …

Aber nicht um etwas wirklich besser werden zu lassen (konstruktive Kritik), man schreibt keine Verbesserungsvorschläge (oder gar Lob) an die zuständigen Stellen – das wäre zu aufwendig und man könnte ja eine begründete Antwort erhalten, daß man mit seinem Urteil falsch liegt (z.B. weil man etwas anderes übersehen hat). Viel einfacher ist es doch, von vorn herein über die Sinnlosigkeit etwaiger Bemühungen in dieser Richtung zu motzen, da hat man doch neues Material für eine Kritik.

Das dritte wäre das „Messen mit zweierlei Maß“: Hier meine ich weniger, daß mit Absicht ein falsches Urteil abgeben wird und man sich so einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft, obwohl dies auch in diese Kategorie hineingehören kann, sondern vielmehr, daß man sein Urteil „gesellschaftskonform“ bzw. „egoistisch“ einfärbt.

Ein Beispiel: Schlägt ein Ausländer seine Kinder, weil sie etwas Gefährliches oder gar Kriminelles getan haben (in Maßen), dann wird sofort Kindesmißhandlung bzw. Körperverletzung geschrien und nach dem Jugendamt gerufen. Prügelt jedoch ein wohlsituierter Nachbar seine Kinder regelmäßig halb zu Tode, dann ist das eine „normale“ Erziehungsmaßnahme und nur ein „Gentlemen Vergehen“. Und wenn ein Kind wirklich mal im Krankenhaus landet, dann kann es sich nur um einen Unfall gehandelt haben. Erst wenn das Kind dann möglicherweise verstorben ist und die Polizei ermittelt, herrscht ratloses Unverständnis, wie so etwas geschehen konnte.

Oder ein Vorgesetzter oder jemand mit Einfluß, von dem man sich Vorteile erhofft, hat in der Öffentlichkeit immer Recht. Hat er jedoch einmal Unrecht, dann sucht man – um selbst als Unterstützer nicht das „Gesicht zu verlieren“ - krampfhaft nach Gründen und Entschuldigungen wieso dieser, zu einem solchen Fehlurteil kommen konnte.

Und schließlich ist man nie etwas Schuld oder im Unrecht, sondern immer nur das arme mißverstandene Opfer. Und wenn man bei einem bewaffneten Banküberfall einen Polizisten erschießt, dann war die Bank Schuld, die einem keinen Zins- und Tilgungslosen Millionen-Kredit auf die blauen Augen hin gewährt hat – oder der Kassierer, der nicht in der Lage war das Geld auszuzahlen – oder die Alarmanlage, welche die Polizei gerufen hat – oder gar der Polizist, der sich einem in den Weg gestellt hat – aber nie man selbst. 

Meine Ausführungen mögen zwar kein Beweis für die Gültigkeit meiner These sein, aber ein Denkanstoß die These selbst zu überdenken. Herrschen (besser vielleicht regieren) sollte der Mensch über die Schöpfung – als Nutzer, Mitgestalter, Beschützer und Priester – aber richten?

Howgh, ich habe gesprochen! Und wenn ihr meinem Urteil nicht folgen könnt, dann seid Ihr ungebildete Untermenschen und nicht Wert, daß ich mit Euch disputiere. (Frei nach der Kunst der Rede :-) )

 

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